Es könnte sein, dass bei den Indikationen zur HTX etwas in Bewegung geraten ist. Denn die Bereitschaft der Deutschen, das Organ Herz – und auch andere Organe wie Lunge oder Leber – einem anderen todkranken Menschen einzupflanzen ist weiter merklich zurückgegangen.
Derzeit stehen 1207 Patienten auf der HTX-Warteliste. 358 HTX-OPs wurden 2022 durchgeführt (29%). Voraussetzung ist in Deutschland neben einer gründlichen Qualifikation und Zertifizierung des transplantierenden Krankenhauses eine interdisziplinäre (fachübergreifende) Hirntoddiagnose:
Die Feststellung des Hirntodes muss von 2 verschiedenen Ärzten unabhängig voneinander erfolgen. Die feststellenden Ärzte dürfen nicht selbst an Transplantationen teilnehmen. Sie müssen eine mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit akuten schweren Hirnschädigungen sowie eine Facharztanerkennung vorweisen.
Die Diagnose wird gestellt, wenn
klinische Zeichen für den Hirntod vorhanden sind:
- Koma
- Lichtstarre Pupillen
- Ausfall der Spontanatmung im Apnoe-Test
- Fehlende Hirnstammreflexe (z.B. Hustenreflex)
Die Diagnose eines Hirntodes ist daher schwierig und mit einer hohen Entscheidungssschwelle versehen. Das ist gewollt, aber angesichts der niedrigen Spenderzahlen wird daher an Alternativen gearbeitet:
- Widerspruchslösung
- Öffentlichkeitsarbeit
- Herztoddiagnose statt Hirntoddiagnose
- Kunstherz (LVAD) als Zwischen- aber auch als Dauerlösung.
Die Widerspruchslösung ist dadurch gekennzeichnet, dass der potentielle Spender aktiv einer Organspende widersprechen muss und dies persönlich attestiert, beispielsweise durch Tragen eines entsprechend modifizierten Spenderausweises.
Die Öffentlichkeitsarbeit besteht in regelmäßigen Kampagnen sowie Presse-, TV-Aktionen. Doch muss man feststellen, das solche Aktion bisher wenig zu einer Änderung des Spenderverhaltens beigetragen haben. Trotzdem muss man an diesem Wege der häufigen Aktion mit Wiederholungseffekt festhalten.
In verschiedenen europäischen Ländern, z.B. in den Niederlanden, gibt es die Möglichkeit, statt der klassischen, aufwendigen Hirntod-Diagnostik den irreversiblen Herztod als Entscheidungsbasis heranzuziehen (man nennt die Spender „non beating heart donors – NBHD“. Diese Möglichkeit ist bisher in Deutschland nicht gültig, doch mehren sich Stimmen, die eine Änderung herbeiführen möchten, da damit Spenderorgane leichter verfügbar sein könnten (Ärzteblatt 2008)
Kriterien des Herztodes: (Masstricht-Protokoll 1995)
- Erfolglose Reanimation
- Herzstillstand bei Aufnahme
- Nulllinien-EKG für mindesten 10 min
Erweiterte Kriterien:
– Herzstillstand bei Ankunft in der Klinik (I)
– Spender nach erfolgloser Reanimation (II)
– Spender, bei denen der Herzstillstand erwartet wird nach Unterbrechung lebenserhaltender Maßnahmen (III)
– Herzstillstand bei Hirnstamm-Tod (IV) sowie
– Herzstillstand bei einem stationären Patienten (V).
In den USA sind diese Kriterien standardisiert, und Kliniken, die diese Kriterien nicht anwenden wollen, müssen aktiv widersprechen.
Die Bundesärztekammer allerdings hält sich weiter zurück und spricht keine Empfehlungen aus. Denn auch nach erfolgloser Reanimation kann es in seltenen dokumentierten Fällen zu einer – oft nur vorübergehenden – Herztätigkeit kommen. Ob das die Kriterien aufheben kann, ist jedoch mehr als fraglich. Fraglich ist weiter, ob sich die Spenderzahlen für Herztransplantationen dadurch erhöht haben. Evaluierungen dazu fehlen.