28. Oktober 2025

    Koronare Herzerkrankung KHK

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    ACS oder das akute Coronarsyndrom:

    Das Akute Koronarsyndrom (ACS) ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von Krankheitsbildern, die alle durch eine plötzliche, kritische Durchblutungsstörung des Herzmuskels (Myokardischämie) entstehen. Ursache ist in den allermeisten Fällen eine instabile atherosklerotische Plaque in den Herzkranzgefäßen (Koronararterien), die aufreißt oder sich destabilisiert und dadurch eine Thrombusbildung (Blutgerinnsel) auslöst. Dieses Blutgerinnsel verengt oder verschließt das Gefäß, was zu einer akuten Minderversorgung des Herzmuskels führt.

    Unterformen des Akuten Koronarsyndroms

    Das ACS umfasst drei Hauptdiagnosen:

    1. ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI)
      • Vollständiger Gefäßverschluss.
      • EKG zeigt typische ST-Hebungen.
      • Führt unbehandelt rasch zu irreversiblen Herzmuskelschäden (Herzinfarkt).
      • Erfordert eine sofortige Wiedereröffnung des Gefäßes (z. B. durch Herzkatheter/Stent).
    2. Nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkt (NSTEMI)
      • Unvollständiger oder intermittierender Gefäßverschluss.
      • Kein typischer ST-Hebungs-Befund, aber Herzmuskelzellen sterben trotzdem ab (nachweisbar durch erhöhte Troponin-Werte im Blut).
      • Therapie ebenfalls dringlich, aber zeitlicher Ablauf weniger unmittelbar als beim STEMI.
    3. Instabile Angina pectoris
      • Klinisch identisch zu den oben genannten Erkrankungen (Brustschmerzen, Druckgefühl, Enge), aber ohne nachweisbare Herzmuskelschädigung (Troponin nicht erhöht).
      • Ein Warnsignal für drohenden Herzinfarkt.

    Typische Symptome

    • Plötzlicher, starker Brustschmerz („Angina pectoris“), häufig als drückend, brennend oder einschnürend beschrieben.
    • Ausstrahlung in Arm, Hals, Rücken, Unterkiefer oder Oberbauch.
    • Begleitsymptome: Atemnot, Schweißausbruch, Übelkeit, Angstgefühl, Kreislaufkollaps.
    • Bei älteren Patienten, Diabetikern und Frauen können die Symptome unspezifisch oder sogar kaum vorhanden sein („stummer Infarkt“).

    Diagnostik

    • EKG (ST-Hebungen, ST-Senkungen oder unspezifische Veränderungen).
    • Laborwerte, insbesondere Troponin (Marker für Herzmuskelschaden).
    • Klinische Anamnese (Schmerzcharakter, Dauer, Risikofaktoren).

    Risikofaktoren

    • Arteriosklerose durch:
      • Bluthochdruck
      • Rauchen
      • Diabetes mellitus
      • Erhöhtes Cholesterin
      • Übergewicht, Bewegungsmangel
      • Familiäre Vorbelastung

    Therapieprinzipien

    • Notfallversorgung: Sauerstoff (bei Hypoxie), Schmerz- und Angstminderung (Morphin), Thrombozytenaggregationshemmung (Aspirin, P2Y12-Hemmer), Antikoagulation (Heparin).
    • Rekanalisation:
      • Primär Koronarangiographie mit Stent-Implantation (PCI).
      • Bei STEMI: sofort, möglichst innerhalb von 90 Minuten.
      • Bei NSTEMI: ebenfalls innerhalb von Stunden bis Tagen, je nach Risikoprofil.
    • Sekundärprävention: Langzeittherapie mit Medikamenten wie Betablockern, ACE-Hemmern, Statinen, Plättchenhemmern; Lebensstiländerung.

    👉 Zusammengefasst:
    Das Akute Koronarsyndrom ist keine einzelne Erkrankung, sondern ein klinisches Notfall-Syndrom, das von einer instabilen Angina bis hin zum schweren Herzinfarkt reicht. Es handelt sich um einen der häufigsten und gefährlichsten kardiologischen Notfälle, da es unbehandelt in kurzer Zeit zum plötzlichen Herztod führen kann.


    ESC-Leitlinien:

    Überblick – ESC-Leitlinien 2023 für ACS

    • Einheitliches Dokument
      Zum ersten Mal wurden die Leitlinien für ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) und Nicht-ST-Hebungs-ACS (NSTE-ACS) in einem einzigen, umfassenden Dokument zusammengeführt. Damit wird die gesamte Bandbreite des akuten Koronarsyndroms – von der instabilen Angina bis hin zum STEMI – konsistent geregelt. (Europäische Gesellschaft für Kardiologie, PMC, Lippincott)
    • Diagnostik, Risikostratifizierung und Behandlung
      Die Leitlinie deckt alle Phasen ab – von der frühen Diagnose und initialen Risikoeinschätzung über antithrombotische Therapie, invasive Diagnostik und Revaskularisation, bis hin zur langfristigen Nachsorge. Patientenzentrierte Versorgung und Sekundärprävention erhalten besondere Aufmerksamkeit. (Europäische Gesellschaft für Kardiologie, PMC, Lippincott)

    Wichtige Neuerungen im Überblick

    BereichNeuerung / Empfehlung
    Timing der invasiven StrategieKeine generelle Aufteilung zwischen STEMI und NSTE-ACS – Empfehlungen erfolgen innerhalb eines integrierten Managementpfades (Lippincott, American College of Cardiology)
    RevaskularisationEmpfehlung zur Komplett-Revaskularisation bei Mehrgefäßerkrankung – kann im selben Eingriff oder gestaffelt erfolgen (Cleveland Clinic, Lippincott)
    Intravaskuläre BildgebungIhre Anwendung wird zur besseren Beurteilung komplexer Läsionen empfohlen (Lippincott)
    PatientenzentrierungErstmals mit eigenem Kapitel – Empfehlungen zur Berücksichtigung von Patientenpräferenzen und psychosozialen Aspekten (Lippincott)
    Antithrombotische TherapieDifferenzierte Empfehlungen zur Dualen Thrombozytenhemmung (DAPT), einschließlich Auswahl von Wirkstoffen, Indikationsdauer und Risikoabwägung – nähere Details im Leittext (Europäische Gesellschaft für Kardiologie, PMC)
    Langfristige Behandlung und SekundärpräventionFokus auf hoch-intensives Statin, mögliche Erweiterung um Lipid-senkende Nichtstatine und Maßnahmen der Lebensstilmodifikation und Nachsorge (Oxford Academic, PMC, jacc.org)

    Publikationsstatus & Ausblick

    • Die Leitlinien wurden im Oktober 2023 im European Heart Journal veröffentlicht (Vol. 44, Issue 38, S. 3720–3826) (PubMed).
    • Ein Erratum wurde im April 2024 veröffentlicht, um kleinere inhaltliche und formale Korrekturen vorzunehmen (PubMed).
    • Aktualisierungen oder neue Leitlinien zur ACS sind derzeit nicht angekündigt – laut dem ESC-Leitlinien-Plan ist die nächste umfassende Aktualisierung für 2027 vorgesehen (gleichzeitig mit einer Fokussierung auf aktuelle Themen) (Europäische Gesellschaft für Kardiologie).