
Klinischer Ablaufplan bei Verdacht auf Lungenembolie
1. Ersteinschätzung (innerhalb von Minuten)
- Vitalparameter prüfen: Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Atemfrequenz.
- Bewusstsein beurteilen: Synkope? Schockzeichen?
- Akute Notfallmaßnahmen:
- Sauerstoffgabe (bei Hypoxämie)
- i.v.-Zugang, Monitoring
- Flüssigkeitsgabe vorsichtig (bei Schock)
- Vasopressoren (z. B. Noradrenalin) bei persistierender Hypotonie
Entscheidende Frage:
👉 Ist der Patient hämodynamisch instabil (Schock, Blutdruck < 90 mmHg, Kreislaufstillstand)?
2. Risikostratifizierung
A) Instabiler Patient (hochriskant)
- Notfall-Echokardiographie: Zeichen der Rechtsherzbelastung?
- Falls verfügbar: CT-Angiographie, aber nur wenn Patient transportfähig.
- Wenn Befund hochwahrscheinlich: sofortige Reperfusionstherapie (Lyse oder Thrombektomie).
B) Stabiler Patient (niedrig/mittel Risiko)
- Klinische Wahrscheinlichkeit einschätzen (Scores):
- Wells-Score
- modifizierter Genfer Score
- Einteilung in: niedrig, intermediär oder hoch klinische Wahrscheinlichkeit.
3. Labordiagnostik
- D-Dimere:
- Bei niedriger/mittlerer Wahrscheinlichkeit → negativer Test schließt LE praktisch aus.
- Bei hoher Wahrscheinlichkeit nicht aussagekräftig (Bildgebung direkt).
- Blutgase: Hypoxie, Hypokapnie.
- Troponin, BNP: Marker für Rechtsherzbelastung, wichtig für Prognose.
4. Bildgebung
- CT-Pulmonalisangiographie (CTPA): Goldstandard zur Diagnose.
- Falls kontraindiziert (z. B. Niereninsuffizienz, Allergie):
- Lungenszintigrafie (Perfusion/Ventilation).
- Echokardiographie: Bei instabilen Patienten zur schnellen Beurteilung.
5. Therapieentscheidungen
Instabil (hohes Risiko):
- Reperfusionstherapie
- Systemische Fibrinolyse (z. B. Alteplase).
- Alternativ: Katheterintervention oder chirurgische Embolektomie.
- Parallel: Antikoagulation (Heparin).
Stabil (niedrig/mittel Risiko):
- Sofort Antikoagulation beginnen (z. B. niedermolekulares Heparin oder DOAK).
- Keine Lyse, es sei denn Verschlechterung tritt ein.
6. Sekundärprävention & Langzeittherapie
- Antikoagulation: mindestens 3–6 Monate (z. B. DOAK oder Vitamin-K-Antagonist).
- Risikofaktoren behandeln: Immobilisation vermeiden, Thrombophiliediagnostik bei jungen Patienten, Absetzen hormoneller Kontrazeptiva.
- Bei rezidivierenden Embolien oder Kontraindikationen gegen Antikoagulation: Cava-Filter erwägen.
🗂️ Ablauf in Kurzform (Schema)
- Stabilität prüfen → instabil = sofortige Lyse/Thrombektomie.
- Klinische Wahrscheinlichkeit (Scores) bestimmen.
- D-Dimer bei niedriger/mittlerer Wahrscheinlichkeit.
- CT-Angiographie (bei hoher Wahrscheinlichkeit oder positivem D-Dimer).
- Therapie einleiten: Antikoagulation (alle), Lyse bei Schock.
- Langzeitprophylaxe: mind. 3–6 Monate Antikoagulation.
